05. 07. 2015 - Ingeborg Bachmann Preis

Tage der deutschsprachigen Literatur 2015 - eine Nachlese von Hans Bäck

Das war es wieder einmal!

Nicht einmal die glühende Sommerhitze konnte die Autoren – nun ja für die ging es ja um Einiges – noch die Juroren – die bekamen immerhin  bezahlt dafür – und auch nicht das Publikum abhalten im ORF Gelände in Klagenfurt auszuharren. Sicher, das Theater war „gut gekühlt“ (Energiesparmaßnahmen würden nahelegen, die Tage der Deutschsprachigen Literatur in eine andere Jahreszeit zu verlegen), im Garten des ORF Klagenfurt gab es genügend Schatten und Getränke, und die gebotene Literatur war nicht gerade die Schlechteste. Obwohl und da beginnt die jährliche Krux des akkreditierten Teilnehmers, ja obwohl manche Juroren bei der Auswahl der von ihnen nominierten Autoren mehr Sorgfalt und Fingerspitzengefühl hätten walten lassen können. Aber, natürlich die Jury, das ist das jährliche Fest der Alphatierchen, m oder f spielt dabei keine Rolle, ebenso wenig wie Blond oder grau oder unbehaart. Biedere Kritiker, Mitarbeiter irgendwelcher Wochenendbeilagen in mehr oder weniger renommierten Zeitungen und Zeitschriften dürfen nun einige Tage lang in der Welt der Literatur der Nabel dieser Welt sein. Es wäre bei der Juryzusammensetzung darauf zu achten, welcher Juror es regelmäßig nicht schafft, seine Kandidaten auf die Shortlist zu bringen. Befindlichkeiten haben da keine Rolle zu spielen – sollte man meinen. Was hat es für einen Sinn eine junge Frau ihn den Bewerb zu hetzen, wo jeder Leser des Textes sofort feststellt: Nein, das ist einfach nichts. Vielleicht, weil diese Kandidatin im Vorfeld durch antifeministische Äußerungen aufgefallen ist und der Vorschlagende dachte, damit ein Skandälchen zu produzieren? Hier wurde ein junge Autorin verheizt, anstelle sie zu begleiten und zu führen, sie so ins kalte Wasser zu schmeißen, das grenzt an Fahrlässigkeit, lieber Hubert Winkels. Übrigens, der neue Vorsitzende der Jury! Ich weine Burghardt Spinnen keine Träne nach, aber die Ausbootung von Daniela Strigl hat sich bitter gerächt! Ein Juryvorsitzender wird nicht besser, wenn er unbedingt mit erhobenem Zeigefinger – sowohl wörtlich als auch bildlich – auf seine Kollegen und das Publikum einredet. Dabei meist am Text vorbeigeht und sich in Allerweltsfloskeln und germanistischen Lehrsätzen verliert. Und dann die blonde Möchtegern–Vorsitzende der Jury, gut dass sie das nicht geworden ist. Meike Feßmann reihte sich nahtlos in ihre wenig berauschenden Beiträge der Vorjahre ein. Wenn sie einmal pointiert sein wollte, geriet es fast zur Peinlichkeit. Texte zu beurteilen beinhaltet natürlich auch einmal ein negatives Urteil. Es ist gut, wenn nicht alles immer Wonne und Grießschmarrn ist. Eine Ablehnung eines Autors (und dessen Textes) sollte schon fundiert begründet werden. Banal ist eine Aussage, aber warum der Text so banal gesehen wurde, was daran das Banale war, das wäre interessant gewesen zu erfahren, umsomehr die übrigen Juroren in diesem Falle keinesfalls der selben Meinung waren. Klaus Kastberger bemühte sich Vergleiche, Bilder heranzuziehen, die seine gewürzten Beiträge unterstreichen sollten, durchaus mit Erfolg. So ein wenig Pfeffer in den Jurybeiträgen, das gehört einfach dazu und macht die Veranstaltung spannend und lebendig und könnte auch ein Argument für weitere TV-Liveübertragungen sein.

Das Procedere der Preisfindung wurde diesmal etwas geändert, um jenen Autoren, die bei der Abstimmung „knapp durchgefallen“ sind, in der nächsten Runde einen Startvorteil zu geben. Leider, bei der immer wieder genannten Teresa Präauer ging dies voll daneben. Bei jedem Durchgang war sie dabei, im Stechen fiel sie wieder durch. Schade eigentlich, denn genau der Text hätte viel Potenzial gehabt und wäre durchaus preiswürdig gewesen. Womit nicht gesagt ist, dass die Preisträger nicht preiswürdig gewesen sind, im Gegenteil, jede Einzelne hat ihren Preis verdient. Man könnte vielleicht insoferne einen Ausgleich schaffen, dass der Publikumspreis, der über Internetabstimmung vergeben wird, zuerst genannt wird und der Preisträger/die Preisträgerin aus den weiteren Wertungen dann ausfällt. Nicht zu beneiden war Hildegard E. Keller, die ihre beiden Kandidaten auf die Shortlist brachte und dann die Qual der Wahl hatte und sich für eine entscheiden musste. Da aber Dana Grigorcea „erst“ im dritten Durchgang zum Zuge kam, blieb Monique Schwitter der Trost, gleich oft wie Teresa Präauer genannt zu werden, während die Preise andere bekamen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Literaturveranstalter die Sendungen gut angesehen haben und die Marketingabteilungen der Verlage die beiden Damen trotzdem pushen und fördern. Das sind gleichwertige Nicht-Preisträger, denen die Tücke der „Geschäftsordnung“ einen Streich spielte.

Noch ein Wort zu jenen, die es nicht auf die Shortlist schafften. Wie schon erwähnt, meiner Meinung nach ein Fehler des Jurors, der ja die Autoren vorzuschlagen hat und daher auch die Texte kennt. Es ist mir unverständlich, wie es manchen Beiträgen überhaupt gelang, dass sie in Klagenfurt zum Vortrag kamen. Wenn ich da an unsere Juroren des „Reibeisen“ denke, die hätten keine Chance gehabt, jeweils nur in die Nähe einer Aufnahme zu kommen! Es ist natürlich eine Heidenarbeit in der Vorbereitung auf den Bewerb hunderte Texte zu lesen und zu beurteilen, aber es wird ja auch honoriert (im Unterschied zu unseren Reibeisenjuroren, denen wir nichts bezahlen, ihnen keinen Aufenthalt über eine Woche in Kapfenberg – ohne Wörthersee – bieten können). Jeder Autor darf auch einmal einen Text schreiben und auch abliefern, der nicht so hundertprozentig gelungen ist, aber wenn dann ein „ausgewiesener Literaturkritiker“ sein ok dazu gibt und im Bewerb dann umfallen muss, weil die Mitkollegen, mit Recht kein gutes Haar daran lassen, sollte dasBerufsethos den/die Juror/Jurorin von sich aus dazu bringen, im kommenden Jahr in Frankfurt oder Berlin zu bleiben.




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