01. 06. 2020 - Nachruf

Alfred Kolleritsch

Ein Wichtiger der steirischen Literatur hat die Feder aus der Hand gelegt.

Nachrufe erscheinen in den einschlägigen Zeitungen und Zeitschriften. Und zumeist wird gewürdigt, dass Kolleritsch ein großer Ermöglicher gewesen sei. Neben all seinen großartigen lyrischen Werken – ja, er war ein wahrer Dichter – wird wohl noch lange Zeit seiner Tätigkeit für das Forum Stadtpark und die Manuskripte gedacht werden. Interessant, dass der Dichter Kolleritsch meist erst danach genannt wird. Es stimmt schon, als Förderer, Entdecker, Herausgeber hat er großartige Arbeit für die Literaten geleistet. Natürlich, heute zu sagen, dass Jelinek und Handke nur dank seiner Unterstützung/Förderung zu dem wurden, ist nicht richtig. Hier gilt, was auch über die Bachmann einst gesagt wurde, sie würden auch heute wieder entdeckt werden. Das stimmt, aber was sich in der „Hoch-Zeit“ der Literatur in Graz tat, ist ohne Kolleritsch fast nicht denkbar. Warum schreibe ich immer von Graz und nie von der Steiermark? Nun, leider ist es noch immer so, Kolleritsch ist es gelungen, das Augenmerk der an Literatur interessierten Öffentlichkeit auf Graz zu konzentrieren. In einem Ausmaß, das der übrigen Landschaft (der Provinz??) den Atem nahm. Auch eine Barbara Frischmuth in Bad Aussee wurde erfolgreich für Graz vereinnahmt. Die „Lichtungen“, lange Jahre im Schatten gestanden, erst von Jaroschka mit seiner Initiative „Literatur in Ländern“ herausgeholt und deutlicher wahrgenommen. Es war ja tatsächlich so, dass ich auf meinen Lesereisen in den deutschen Städten immer „nach“ den Lichtungen kam: Ob es das Literaturhaus in Kiel war oder eine ähnliche Institution irgendwo in Deutschland, Polen, Slowakei, Italien: Jaroschka war schon vorher da. Und da lagen die „Manuskripte“ kaum einmal auf – die Lichtungen gab es. Eindeutig ein Verdienst von Markus Jaroschka, doch zu Hause in Graz gab Kolleritsch den Ton an. So war es eigentlich selbstverständlich, dass andere Literaturarbeiten in der Steiermark kaum einmal jenes Echo fanden, das ihnen eigentlich gebührt hätte. Wie gesagt, die „Manuskripte“ nahmen allen den Atem weg. Ob auch den finanziellen Atem in Form von Förderungen durch die Öffentliche Hand kann hier nicht beurteilt werden.

Ohne die Arbeit und Leistung von Kolleritsch auch nur im Geringsten zu schmälern, sei auf etwas hingewiesen: Wir fragten uns in der Redaktion des „Reibeisen“ oft, was haben die „Manuskripte“ was das „Reibeisen“ nicht hat. Die Antwort war einfach: Erstens so viele Fehler und zweitens, die Häufung von Beiträgen prominenter Autoren, die das Heft immer so spannend machten, dass auch die „Neuen“ darin vorkommen konnten. Diese Mischung aus arrivierten Schriftstellern und Anfängern machte das jeweils neue Heft interessant.  Zu den Fehlern in den einzelnen Ausgaben: Nun wir haben uns oft gewundert, wie es möglich war, derart schlampig lektorierte Beiträge auf den Weg zu schicken. Hat das auch die Autorität eines Alfred Kolleritsch zugedeckt? Egal, seine Verdienste als Literat und für die Literatur bleiben bestehen!

Es war gut, dass es ihn gab!

 

Hans Bäck




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