Wolfgang Mayer-König

 

 

 

 

 

 

 

KULTUR DES SEINS

Nichts als Mühen und Scherereien bis zum Tod. Was tun einem die Leute an, bis einen die Würmer fressen oder man verheizt wird. Dieses Geheuchel von einem würdevollen Lebensabend. Am ärgsten geht man mit den Kindern und den Alten um. Wenn man historische Ereignisse wie die Elektrizität geschlechtlicher Aufladung und Entladung noch spannend beschreiben oder erzählen kann, da findet man immer noch Zuhörer, aber die unverkennbaren Laute des Schmerzes und die jeweils nicht ausbleibenden Intervalle erschöpften Stillhaltens danach, interessieren niemanden, sie verhallen ungehört in den Räumen der Qual, in verbautem und unverbautem Gebiet. Was nützt die schönste Bilderbuchlandschaft, wenn sie mit jedem Schmerz der Hinfälligkeit erlischt und individuell untergeht. Ob tatsächlich oder nicht, kann keine Rolle spielen, weil der Mensch etwas, wie nichts anderes, in einer wirklichen Perfektion erreicht hat, nämlich sich selbst abzuschaffen. Die Natur des Lebens steckt ja ohnehin schon von Haus aus voll vorprogrammierter Vergänglichkeit. Wenn die körperlichen Funktionen der Leibmaschine aus dem Ruder laufen, die einzelnen Zubehöre und Ersatzteile des Körpers einzeln ausfallen, obwohl man noch glaubt, sie in Gang, wenn schon nicht in Schwung zu halten. Wenn man sie nicht mehr reparieren lassen kann, weil keine Heilungsaussichten mehr bestehen, oder weil beim Hinausgehen schon die Ansteckung wartet, die einem den täglich vor Augen geführten anderen qualvollen Rest gibt. Den einsamen Erstickungstod. Weil sicheres Impfen für diejenigen, die es brauchen würden, zwar zugesagt-, aber der versprochene Impfstoff gar nicht vorhanden ist. Weil Pharmakonzerne zwar millionenschwere Vorauszahlungen einstreifen, aber unmittelbar danach mit abgeputzter kalter Schulter erklären, sie würden sich nicht an die vertraglich vereinbarten Liefermengen halten. Da wird dann nicht einmal erwogen, wegen Betrugsverdachts zu  ermitteln, es wird so hingestellt, als könne es sich nur um ein zivilrechtliches Problem handeln. Also verhandeln die Spitzen der supranationalen Staatengemeinschaften eine Runde nach der anderen, ergebnislos. Während die ausharrenden Menschen verarscht werden, von denen, die sie gewählt haben, die ihnen die Hälfte ihres mühsam verdienten Geldes abschröpfen, direkt, unverhohlen und selbsterlaubt. Indirekt holen Sie sich ja noch viel mehr, über alles was konsumierend bezahlt und damit automatisch abgeführt wird. Sodass man am Handlauf der Hoffnungen so lange entlangschmiert, bis man ins Leere greift. Das ist kein böser Traum, von dem man erwachen kann. Da heißt es auch nicht mehr, aber nein, wir sind nicht so. So sind wir nicht. Die Weismacher und Einflüsterer, die zuredenden Vorbilder, die Sonntagsredner, sie alle sind nicht nur leise geworden sondern längst verstummt, sie haben sich aus dem Staub gemacht. Natürlich sind wir so, freilich ist es so, aber genau so und nicht anders.

 


 

DIE PANDEMIEMÜDIGKEIT

 

Es regnet apokalyptische Reiter.

Wir sind nicht die Ersten, und auch

nicht die Letzten, hören wir also auf

zu fragen, wann hört es auf.

Justinian hat sich 541 auch nicht ausgesucht,

dass die Pest die halbe

Weltbevölkerung hinrafft.

1333 brach die große chinesische

Hungersnot aus, und die Leute

fraßen heißhungrig lebendige Mäuse und Ratten

und mit ihnen Rattenflöhe,

wie sie es heute noch tun auf den

Lebendtiermärkten in Wuhan,

woher wieder alles seinen Ausgang nahm,

wenn schon nicht einem Labor entkommen.

Was solls, vom Ergebnis her bleibt sichs gleich.

Da bedurfte es keines globalen, modernen Reiseverkehrs,

da genügte die Route der Venezianer und

Genuesen über die Seidenstraße.

Vorbei an den Krimtartaren und allen,

die sie entlang der Schwarzmeerküste infizierten.

Ostrom beherrscht von der schwarzen Pest.

Bis die Handelsschiffe mit ihren Ratten und Flöhen

ganz Europa auf dem Seeweg infizierten,

erst Spanien, dann Frankreich, über die Flüsse

ins Landesinnere bis Paris, über die Häfen am Ärmelkanal

hinein nach London,

1349 über Bremen, Hamburg, Lübeck hinüber

zu den Ostseehäfen, die damalige Welt konfrontiert

mit 60 Millionen Toten.

Bis Alexander Fleming etwas tat,

damit diese immer wieder aufkeimende Pandemie

ihren Schrecken nicht weiter behielt,

wir reden inzwischen von 1928,

jedoch auch heute gibt es sie noch oder wieder,

die Yersina Pestis, in China, in der Mongolei

und auf Madagaskar.

Aber was reden wir da, noch konnten

bis vor kurzem Augenzeugen berichten,

dass 1918 bis 1920 nicht weniger als 50 Millionen Menschen

von der spanischen Grippe gekillt wurden,

wehrlos und machtlos, weil ihnen auch

die Kraft erfreulicher Nachrichten oder

zumindest Hoffnungen abhanden kam.

Jetzt fressen sie wieder heißhungrig das Ungeziefer

von den Lebendtiermärkten in Wuhan,

Impfungen werden entwickelt, die hierzulande

nicht diejenigen erreichen, die sie brauchen,

weil manche Länder zu viel, die anderen zu wenig bestellen,

weil die einen organisieren können, die anderen nicht.

Da nicht bestellte Impfdosen auch nicht verimpft werden-,

nicht gelieferte Schulschnelltests

auch nicht angewandt werden können.

Wenn Impfdosen überbleiben, werden sie mit dem

Argument geringer Haltbarkeit lieber weggeworfen, als an jene

verimpft, die noch nicht dran sind, oder gerade da sind.

Schwachsinnige und Idioten sind kein medizinisches Problem,

sondern sie werden in der Politik erlesen und anerzogen.

 


 

EINGESCHLOSSENHEIT

Gerade in einer Phase der Eingeschlossenheit, der Austerity und des Isolationsleids sollte die Qualität des Wortes und der Tat hervortreten als eindringlicher Hilfeschrei aus tiefster kultureller Seele. Ob diese Geste verstanden wird oder nicht, bleibt sich gleich, weil die Wirkung qualitativen Handelns auch Unverständige nicht verfehlt. Soll die Nachwelt entscheiden, was da mit uns geschah, wie wir uns verhielten, wie wir daraus hervorgingen oder daran vergingen. Mit uns kann man so umgehen, mit unserem Verständnis, unserer Hilfe und unserem Anstand sei fix zu rechnen, auch dort, wo ansonsten Hopfen und Malz verloren seien. Die Gediegenheit unseres Bemühens wiege jetzt besonders. Unsere Kultur, unsere Sprache, wurde zwar zur Nutzlosigkeit verdammt, aber dadurch sei sie noch mehr zum Träger und Beförderer einer seelischen Kraft und eines Weges in Richtung der Gestaltung alles Vorstellbaren geworden. Im Lockdown werde die Musik der Worte als Understatement über das Vorgefundene, das verbliebene Nichts, darübergehoben, und zu einem fassbaren, begreifbaren Gemisch aus Bildhaftem, Musik und Sprache, mit allen Weichteilen, Ecken und Kanten vereint. Die Gestalt der Oberflächen wie die Farbe des Fleisches seien anders beleuchtet als sonst. Die Annäherung geschehe nicht mehr bloß durch Erspähen, Draufschauen, Hinschauen, sondern in der Zusammenschau geschlossener Augen. Wir wenden uns nicht mehr zu lange einem Gegenstand zu, dürfen uns, weit weniger als sonst, Gewohntem widmen, es ist uns auch untersagt, uns zu lange in etwas zu verbohren, sondern wir sind dazu verhalten, zu überprüfen, ob alles auch die plumpe Funktion verloren hat, jeder Verweis ins Leere geht. Wir vermögen uns nicht körperlich zu berühren, weil uns dies untersagt ist. Also wächst in uns die Kraft, uns seelisch zu berühren, im bezughabenden Anderen, diese Form der Berührung auch zu empfangen, zumindest zu spüren. Unsere Kultur ist nicht mehr waghalsig, aber auch nicht mehr inflationär, dementsprechend auch nicht mehr gezwungen, sich stets abzurunden. Sie existiert ja offiziell gar nicht mehr. Die Reflexionen werden nicht mehr ausgelöst, können also auch nicht weiterarbeiten. Plötzlich lebt alles ohne dem Schielen nach dem Publikumsgeschmack. Keine einzige Zeile behält ihre Verweisfunktion. Wir verschlingen einander nicht, gehen auch nicht nebeneinander parallel einher, sondern dürfen uns mit dem Unbegreiflichen, dem Verwirrenden, dem nicht Entzifferbaren vermählen. Dabei wird auf nicht sehr noble Weise unsere Erkenntnismündigkeit auf die Probe-, ja in Frage gestellt. Wie dumm muss man sein, um von dieser Zeit, dieser Gesellschaft akzeptiert zu werden. Was bleibt ist die Nabelschau der Isolierten, die erlaubten uferlosen Spaziergänge während des Ausgehverbots. Was wiegt ein Lebensschicksal, um welches man sich immer wieder erfolglos annimmt? Die Vollbremsung der Welt erfolgte geradezu sekundenschnell. Nicht einmal ansatzweise durften wir den Augenblick genießend verweilen, sondern nur mehr den Atem anhalten, nur mehr verharren und abwarten, bis die Endgültigkeit dazu führt, dass aus allen Wahrheiten nur mehr die Einzige überbleibt. Als solche nicht nachvollziehbar, weil sie mit jedem, den sie trifft, wesentlich untergeht. Wie anziehend war alles vorher, wie schwingend mit kraftvollem Schwung, schwunghaften Handels und freudespendender Kunst. Wie war es wirklich?

 


 

Das verspottete Recht

 

Was hilft es, wenn durch höchstgerichtliche Entscheidung ein Gesetz, eine Verordnung, ein Bescheid als rechtswidrig aufgehoben wird. Der entstandene Vermögensschaden für den einzelnen Betroffenen einer rechtswidrigen Maßnahme oder Entscheidung wird nicht automatisch wieder gutgemacht. Und sollte er doch individuell erfolgreich prozessual bekämpft-, und wegen des erlittenen Entganges zwischenfinanziert hat werden müssen, dann kann sich der Betroffene trotz seines Obsiegens am Ende gedanklich aussuchen, ob er um das Kapital oder die Kreditzinsen umgefallen ist. Hätte man nicht geklagt, respektive keine Beschwerde beim Höchstgericht erhoben, wäre es bezüglich des Schadens auf das Gleiche herausgekommen.

Aber selbst bezüglich des "klüger werden für ein nächstes Mal" ist das mit der öffentlichen Hand so eine Sache. Sie tendiert schon deshalb dazu, sich für eine Wiederholungstäterschaft zu prädestinieren, weil sie sich schon mit Vorahnung auf die Rechtswidrigkeit ihrer legistischen Maßnahme bewusst darauf einlässt, sich nach weidlicher Entfaltung von deren Wirkung auf die Bevölkerung, auf eine spätere oder sogar gleichzeitige Befassung der Höchstgerichte ausredet und beruft, und abschätzig bemerkt, wenn diese dann endlich entschieden, würden diese Bestimmungen ohnehin nicht mehr gelten. Die Regierung werde eilig beschlossene Gesetze, die möglicherweise nicht verfassungskonform sind, nicht reparieren. Dass manche Gesetzestexte mangelhaft seien, werde damit begründet, "dass man in Eile gehandelt habe, bis eine Überprüfung durch die Höchstgerichte stattfinde, werden sie nicht mehr in Kraft sein". Solcher Zynismus als rechtspolitische Rechtfertigung ist unüberbietbar. Was jedoch wundert, dass der Bundespräsident solche Gesetze gegenzeichnet. Er verfügt ja über Beamte, die eine solche Sichtung vornehmen könnten und müssten. Wozu denn sonst die Gegenzeichnung?

Aber auch in der bisherigen Rechtspraxis gibt es einen überaus freien Spielraum in der Entscheidung, ob gesatztes oder judiziertes Recht mehr zur Anwendung kommt. Einmal wird der Kasuistik, ein andermal dem Wortlaut des Gesetzestextes der Vorzug gegeben. Auch damit ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.

Das alles ist nur möglich, weil auch mit der Begründungsnotwendigkeit rechtsrelevanter Entscheidungen flexibel und arglos umgegangen wird. So scheint es geradezu absurd, dass die Abweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses, auch bei Klärung einer grundlegenden Rechtsfrage, vom Gesetz her  n i c h t  begründet werden muss.

So wird jedenfalls nicht unterbunden, dass der Staat auch nur ansatzweise wie ein rücksichtsloser Gewalttäter seinen eigenen Bürgern gegenüber auftreten könnte.

 

23.07.2020

 


 

DAS DUMME GESCHWÄTZ

Erst einmal hat man weltweit die Wirtschaft der Länder, die existenzielle Lebensgrundlage der Menschen, nach einer blockierenden Vollbremsung der Welt an die Wand gefahren. Ruinieren, das kann jeder, wieder herstellen, ist schon etwas schwieriger. Das dumme Geschwätz mit den angstmachenden Drohungen: solange es keinen Impfstoff-, solange es kein Medikament gebe, werde es die Beschränkungen wie die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte geben müssen. Sogar die Viren werden gegeneinander ausgespielt: Corona gegen Influenza, Ebola gegen Sars. Als ob die Grippeimpfungen bei jährlich wechselnden Virenstämmen und falsch eingeschätzten Impfmischkulturen so durchgehend effizient gewesen wären, als ob es schon einen Impfstoff gegen den HIV- Aidsvirus gebe oder gegen Hepatitis C . Auch ist die direkte Übertragung solcher Viren und ihrer Mutationen überhaupt nichts Neues. Wir sehen, wie die Chinesen direkt auf den Lebendtiermärkten Mäuse, Ratten und Fledermäuse heißhungrig lebend verspeisen. Und das so hochentwickelte Volk mit seiner totalitären Führung hat nie etwas daran ändern wollen. Wie sehr haben auch die Verschwörungstheorien wieder Hochkonjunktur. Als ob es nicht schon seit Jahrzehnten die industrielle Produktion und den Einsatz bakteriologisch-virologischer Kampfstoffe und Massenvernichtungswaffen gebe. Wir haben den perversen, grauenhaften Einsatz solcher Waffen verschiedenster Nationen in den unterschiedlichen Krisengebieten laufend an den Bildschirmen eins zu eins mitverfolgen können, das waren keine Fake News, niemand kann da mehr etwas anzweifeln, schon gar nicht die Angehörigen der unzähligen Opfer. Jetzt wollen wir uns nicht mehr daran erinnern können. Was für ein dummer Journalismus, der den Informationsbrei so übernimmt, wie ihn die noch dümmere Politik vorkaut. Stets stolz auf die Errungenschaften unserer Zeit. Mit Verlaub, aber schon 5000 Jahre vor der Entdeckung des Penicillins durch Alexander Fleming haben die alten Ägypter das antibakterielle Antibiotikum Tetracyclin entwickelt. Weil sie erkannt haben, dass der Mensch, der dem anderen Menschen begegnet, mit ihm gemeinsam arbeitet, mit ihm das Leben verbringt und mit ihm Leben hervorbringt, in eben dieser Berührung, Vereinigung und Hilfestellung Infektionen ausgesetzt ist, von denen er zu befreien ist, als Gebot der Kultur, der Menschlichkeit und des Anstands, weil dem Umgang und Verkehr des Menschengeschlechts alles unterzuordnen ist. Vor so viel an moderner Ignoranz hingegen ist es gar nicht mehr verwunderlich, wenn die Apothekerkammern in ihren Druckwerken und Aussendungen den größenwahnsinnigen König Nimrod mit seinem historischen Turmbau zu Babel, der sich mit chemischem Gift und organischen Giftstoffen seiner Feinde und seiner unliebsamen Umgebung entledigte, als ihren Patron, Schirmherr und quasi Schutzheiligen preisen.

 


 

Der Zusammenhang von Sprache, Politik und Aggression erklärt sich heute von selbst. Gerade kommt die Nachricht herein, dass die verpflichtende Eurofighter-Betrugsanzeige Doskozils vom Straflandesgericht eingestellt werde. Dem Airbusmanagement ist daran gelegen, nun die Einstellung aller Ermittlungen zu erreichen. Ja geht's noch, wie weit sind wir gekommen? Der Korruptionsstaatsanwaltschaft sind überdies die Namen der Begünstigten der Bestechung bekannt, ebenso die Malversationen beim Eurofightererwerb selbst. Ungeniert hat sie das Management preisgegeben, wohlahnend, dass ohnehin nichts und niemandem etwas passieren wird. Über einen solchen Vorhabensbericht darf man nicht nur fassungslos sein, sondern mit Fug und Recht geht einem da das Geimpfte auf. Generell ist unsere Politik zahnlos und zu nichts Nutz. Unsere Politiker können alles, weil sie ohnehin nichts zu können brauchen. Es genügt von der Schulbank in die Politik überzuwechseln. Sie müssen nicht einen Tag im regulären Berufsleben verbracht haben. Die Journalisten beten alles brav nach und üben bestenfalls Scheinkritik. Die Justiz ist blind vor Willkür, Unbedarftheit und Ungerechtigkeit. Ein hungernder Langzeitarbeitsloser und Obdachloser, der mehrere Müsliriegel entwendet, wird dafür monatelang inhaftiert. Ihn schnappt man sich mühelos, er ist ja auch gleich bei der Hand und repräsentiert das einfache Volk, das es niederzuhalten gilt. Die allseits bekannten und im "es sich richten" begabtesten Genies laufen hingegen seit Jahrzehnten frei herum, und können ungestört ihren Winkelzügen weiter nach Lust und Laune frönen. So sieht Vorausschau und Prävention aus. Es wird solcherart geradezu dazu eingeladen, künftig alles ohne Umschweife auf die bequemste Art zu regeln, womit man nur diejenigen bestraft und minder privilegiert, die sich korrekt an Gesetze halten. Dieser Politik und dieser Justiz ist nicht zu helfen. Die Menschen sind dem Widerspruch in der Rechtsanwendung ausgesetzt – schutzlos, weil machtlos, weil ihnen oft die entsprechenden Mittel fehlen, den Widerspruch aufzudecken; ja sogar die Kraft den Widerspruch durch selbst erzeugte Illusion zumindest zu mildern. So kommt dem Menschen gleichzeitig jene für die Lebensbewältigung notwendige Triebausstattung abhanden, jene ursprünglich instinktive Aggression gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung, weswegen er eine abgeleitete Aggression freisetzt, die ihn selbst ins Unrecht setzt, und die durch jene übermächtig auftretenden Anpassungszwänge ungerechter und unausgewogener politischer und judizieller Machtausübung weit über das Maß hinaus gesteigert wird, welches für vernünftige Lebensbewältigung erforderlich ist. Aggression ist Reaktion auf wahrgenommene Bedrohung. Gleichgültig, ob diese Gefahr eine „innere“ oder eine „äußere“ ist. So zieht jeder, der versucht, gerecht zu leben, letztendlich den Kürzeren.

 

 


 

Gebet an meinen Garten

Umrahmtes Wiesenfeld, du achtest nicht der Namen in Berichten, brauchst keine Jünglinge, die das Land regieren, denn sie bescheren dem Volk den Wohlstand nicht, von dem sie reden. Schon gar nicht in schwierigen Zeiten. Ihre Vorgänger fanden trotz ihrer schönen Gemahlinnen und Gespielinnen ein unrühmliches Ende. Im Leopardenfell eines Beraters oder Lobbyisten vollziehen sie nun ihr verspätetes Ernteritual. Längst sind die Luftschlösser vorgegaukelter Reformen, ihre glanzvollen Versprechen, zu Schmutz zerfallen, die Ruhmestaten siegreich erwählter Beherrscher im Staub zertreten, ohne triumphaler Geste. Denn so richtet man nicht das Haus ein für die Ewigkeit. Weder für sich noch für Andere. So schaut nicht das Studium aus einer wechselvollen Vergangenheit. Seltsame Scheinerlösung für uns am Ende des Tunnels. Welchem Zweck nur dienten die vielen Gänge, Treppen und Räume für unser Hingehen und Bitten, wenn sie auch begradigt und an allen Flächen, nach genauer Einhaltung der Massangaben geglättet waren. Fünfundzwanzig Generationen von Handwerkern lebten, arbeiteten und starben für den Bau unser aller Zukunft. Keine Proportion sollte missglücken, es war ja auch alles vorgeschrieben, selbst für die Schreibenden, welche über Einfühlungskraft und profunde Kenntnis verfügten, welche ihrerseits auch nur die Vorlage des jeweils nächsten Schrittes bildeten. Sollte alles umsonst gewesen sein? Der Hintergrund aller Dinge wurde immer zuletzt behandelt, weil er ja Gefahren in sich barg. Aber das hohle Geschwätz der vom Volk Erwählten konnte uns weder im Diesseits noch in ein allfälliges Jenseits begleiten. Es schielte stets nach dem Publikumsgeschmack, den es damit auch schon verfehlte, weit weg von jeglicher Weisheit. So stehe ich da und bete zu dir mein eigener Garten und aus der Tiefe meines Gartens zu dir mein verborgenes Haus, in dem ich mit meinem Kind wohne. Genügsam liegend in deinem ehrlich erworbenen, und nicht erschundenen Besitz, enthältst du eine Fülle von Bäumen und Blumen, bist umgeben von Laubengängen, die wieder von Weinstöcken umstanden sind, zeigst die Blume, die auf einem Stück Erde blüht, wie die bescheidene Wohlhabenheit deines Besitzers, wie den mäßigen Überfluss, der Gärten schafft. Aber trotzdem unschuldiger Garten auf eine Grabwand in Theben gemalt, ein Garten projiziert in das Grab seines Besitzers, der den Tod nicht als biologisches Gesetz gesehen haben mochte, wie das Fischbassin, dessen Ufer mit Vögeln belebt sind, mit Baumgruppen und Ziersträuchern. Und so entziffere und wiederhole ich das Gebet an meinen Garten: Gewähre, dass ich ein und aus gehe in meinem Garten, dass ich mich kühle in seinem Schatten, dass ich Wasser trinke aus seinen Quellen alle Tage, dass ich am Ufer meines Teiches schlendere ohne Unterlass. Dass meine Seele sich niederlasse auf Bäumen, die ich gepflanzt habe, und dass ich mich erquicke unter meinen Zypressen.

 


 

MEIN GRAB

Unser Familiengrab befindet sich am Neustifter Friedhof in Wien. Aber es ist komplett voll belegt. Ich könnte also gar nicht dort landen. Also habe ich mir vorsorglich ein eigenes Grab zugelegt, am selben Friedhof versteht sich. Es liegt gleich neben dem Eingang bei der Friedhofskirche und der Aufbahrungshalle. Sehr praktisch, weil nicht weit. Direkt gegenüber befindet sich die Gruft der Fürsten Radziwill, der Familie des Schwagers von Jackie Kennedy Onassis, die sich nie um diese letzte Ruhestätte gekümmert hat, weswegen das Grab auf Friedhofsdauer dem Verfall preisgegeben ist. Das fürstliche Marmorwappen wurde längst abmontiert und gestohlen, die Gedenktafel liegt zerbrochen hingelehnt, alles von dichtem Efeu überwuchert, in unantastbarem Dornröschenschlaf des Vergessenseins. Mein Grab gegenüber ist weiß und weist die Form eines fließenden französischen Doppelbetts auf, es macht auf diese Weise einen geradezu erotischen Eindruck. Dahinter ein ebenso weißer, an den Ecken abgerundeter Grabstein in Form eines aufgeklappten Damenspiegels, eines Buches, oder wenn man es so sehen will, einer weichgerandeten, mehrteiligen, steinernen Gesetzestafel. In der Type und Machart erinnert sie vielleicht an jene von Moses, nur ist sie doch ein wenig unaufdringlicher. Darauf ist lediglich mein Vorname und einer meiner eigenen Sprüche in Stein gemeißelt: „So hat unsere Hoffnung immer geheißen. Die Gleichung aus Verlockung und Verletzung hebt sich auf, und das Begehrte findet seinen Raum. Denn der Verzicht auf dieses Nahesein ist ein Zwang, der das Errungene dem Unterbliebenen ähnlich macht“. Manchmal legen Leute Veilchen oder Maiglöckchen und im Winter Schneerosen darauf nieder, obwohl ja noch niemand drinnen liegt. Aber das kann ja keiner wissen. Es gibt keine Laternen für Grablichter und keine Behältnisse für Blumen dort. Der weiße Marmor ist längst von einem Kastanienbaum braun eingeschmutzt, der von hinten her über dem Grab seine Äste ausbreitete. Als er krank wurde, hat man ihn gefällt, wegen der Astbruchgefahr bei Sturm. Das Grab aber blieb braun und fleckig. Manchmal halten sich Leute beim Grab auf, lesen, und versuchen den Spruch zu interpretieren. Es geht dabei immer um die Endzeile. Manchmal haben sich sogar Streitgespräche unter den Innehaltenden darüber entwickelt, ob nun das Versäumte wie das Unterbliebene im Tod angeglichen werde an das Erfüllte, oder ob nicht doch das Errungene durch den Tod nivellierend heruntergedrückt wird auf das Versäumte, das Verpasste, das Nichts? Halte ich mich gerade am Friedhof auf, dann bleibe ich mit einigem Abstand im Hintergrund, und lausche wie Harun ar-Rashid aus „Tausendundeiner Nacht“. Es ist köstlich, als unbeteiligt Lebender, nur genießend zuzuhören ohne sich einmischen zu müssen. Möglicherweise ergibt sich irgendwann die Möglichkeit, das sogar als Toter zu können.

 


 

Verkleidet als Mutter

Die Corona-Misere

 

Frei von der Ungeduld zu erfahren, wohin die Reise gehen soll. Frei von der Neugierde zu entdecken, was drum herum ist. In dieser Verfassung auch kein Anhängsel der eigenen Person mehr sein, nicht mehr im luftlosen Zustand des Keuchens sich befinden, sondern einmal noch tief durchatmen. Schon das bloße Leben als Wert akzeptieren. Das Leben erweist sich als flüchtige Geliebte; der Tod entpuppt sich als Mutter. Sei nicht enttäuscht, sagt sie zu mir und zieht mich auf dem Karren hinterher. Sagt sie mir und wärmt mir die Suppe auf. Sagt sie mir und klopft mir die Polster zurecht. Sagt sie mir und bereitet nasskalte Umschläge. Sagt sie mir, richtet mich auf und setzt mir die Trinkschale an die Lippen. Sagt sie mir, hält mir die Tür und reicht mir die Post. Sagt sie mir und reibt meine Hände mit den ihren. Sagt sie mir und stellt sich für mich in der Reihe an. Sagt sie mir und erinnert mich an den Sommer. Sei nicht enttäuscht, sagt sie dabei. Sie spricht nicht mehr. Spannt an, kraftlos gemacht von den Kräften. Schreit los, lautlos. Tee, den man ihr einflößt, rinnt über dem Kehlkopf wieder aus. Ihr trockenfleckiges Hemd, ihr nassfleckiges Hemd. Lautlos erkranken, teils sogar schmerzstill. Den eigenen Gestank ertragen, das Unverwandte tragen, süchtig mit dem Auf und Ab beider Finger auf dem Daumen, die Nochspritze kaum erwartend. So wund wird nichts sein wie Augenweiß Augenschwarz. Wund wird sogar das Bettzeug sein. Nur mehr schmerzstill, nur mehr schadlos willkommen. Was da liegt, ist rechtfertig. Von Haut zerspannt, von Knochen ausgespreizt, nässend über den Gegenstoß hinaus. Sei nicht enttäuscht, sagt sie und zieht mich auf dem Karren hinterher. Eigentlich drehen sich alle unsere Geschichten um das Selbe: die Lebensgefahr. Ein Froschgift, das uns die Atemmuskeln lähmt, so dass wir eigentlich schon oft tot waren. Unsere Geschichten machen unsere Erinnerung manchmal lebendig, manchmal tot. Wir spüren das Spannungsverhältnis zwischen der Konsequenz aller Kontakte und dem Wechsel von Tag und Nacht. Die Gezeiten von Sympathikus und Parasympathikus, die allein schon die Lungen verschließen und dafür sorgen, dass die Mehrzahl aller Herzinfarkte in den frühen Morgenstunden stattfindet. Angesichts solcher Vorgänge werden die Erzählungen immer knapper, erscheint vieles nur als vergeudete Lebenszeit. Das sogenannte wirkliche Leben entsteht doch nur aus der Verwegenheit unserer Paarung, aus dem Überfließen und nicht mehr Alleinsein, wovor Kafka, wie er sagt, so große Angst hat. Der Tod, unsere Mutter, tritt auf, wenn wir zum Verlierer werden, obwohl sie uns nie als Sieger sehen wollte, weil es eigentlich gar keine Siege gibt. Was nützt uns da zuletzt aller aussichtsloser Kampf und alle Kampfeshoffnung. Aber vielleicht nützt uns noch ein bisschen Freude, vielleicht noch

 


 

DIE VOLLBREMSUNG DER WELT

Leben mit der Zeitspanne der Pandemie

 

Es mag ja zutreffen, dass die Menschen durch die derzeitige Situation zur Besinnung gebracht - und die Umweltbedingungen durch die rigorosen Notverordnungen und Beschränkungen, als eigentlich unbeabsichtigtem Nebeneffekt, verbessert würden. Jedenfalls kann ich nichts Positives an der weltweiten Verarmung und Aushungerung der Menschheit im 21. Jahrhundert sehen, anstatt das Virus auszuhungern, und nicht machtlos zusehen zu müssen, wie sich Viren ungehemmt durch die Menschheit fressen. Ich kann darin nichts Besinnliches, Lehrhaftes, Beugendes oder Abschreckendes erkennen, sondern nur, dass der menschliche Geist in Medizin, Biochemie, Genetik, Epidemiologie und Molekularbiologie doch zurückgebliebener ist, als er vorgibt fortgeschritten zu sein. Mich erreichen täglich dutzender romantischer Aufmunterungssprüche. Sie schaffen es nicht, weil sie meist nur selbstverliebt sind, und deshalb für Trost und Hilfe ungeeignet. Wirksamer Trost und spürbare Hilfe liegt in Maßnahmen, die tatsächlich, und ohne Zweifel, A l l e erreichen können, und in wissenschaftlichen Anstrengungen, die diesen Namen auch verdienen. Auf den Punkt gebracht, wird in letzter Konsequenz seit vielen Jahrzehnten ergebnislos geforscht, warum leblose Nukleinsäure sich so destruktiv in menschliche Zellen parasitenartig einnisten - und ohne Verhinderungsmöglichkeit verheerende Folgen für die Organfunktion anrichten kann. Bei genauem Hinhören sind die Stellungnahmen der Virologen oft nicht profunder als diejenigen unbedarfter Landespolitiker. Was für eine Zeit, in der wir leben! Es ist jedoch berührend zu erleben, wie Menschen, denen untersagt ist, sich auf engem Raum zu begegnen, im Prinzip solidarisch zusammenrücken, alle Gräben und Vorurteile wenigstens vorübergehend zuschütten, um einander auf gleicher Ebene, als ohne Unterschied Betroffene, hilfreich und schützend, ja rücksichtsvoll zu begegnen. Alten und damit naturgemäß auch kranken Menschen wird wieder Achtung und Respekt entgegengebracht. Die bisher brutale Kosten-Nutzenrechnung von Heilungsaussichten in der Gesundheits- und Sozialversicherungspolitik wird jetzt zumindest vorübergehend außer Kraft gesetzt. Es werden nicht mehr nur für Bankenrettungen, ohne Beschluss gesetzgebender Körperschaften, enorme, den Staatshaushalt nachhaltig belastende Finanzhilfen aus Steuergeld, von einem Tag auf den anderen aufgebracht, sondern mit geradezu humaner Leichtigkeit für die Rettung von Menschenleben, so wie für den Schutz von Gesundheit und Würde des Alters eingesetzt. Noch dazu rechtzeitig, und mit zügiger gesetzlicher Absicherung in nützlicher Frist. Nach dem Grundsatz: "Wer schnell hilft, der hilft doppelt". Und das in einer nie dagewesenen Zusammenschau und Einigkeit aller, also der weltanschaulich unterschiedlichsten politischen Kräfte. Was dazu führt, ist also offensichtlich gemeinschaftliches Gefahrenbewusstsein, richtige und rechtzeitige Einschätzung der Dimensionen von Folgen, Achtung vor dem Menschen, insbesondere denen hohen Alters, und nicht zuletzt der unbeirrbare Wille zur Bewahrung, Beschützung und Verteidigung des eigenen Landes, sowohl als tatsächlichem Lebensraum, als auch als historisch gewachsenem, abstraktem Staatsbegriff.

In dieser Hinsicht erweist sich die Politik hierzulande und diesmal als jung, intelligent und unverbraucht.

Allerdings haben jetzt auch die Vorteilsrechner wieder Hochkonjunktur. Die Sattelitenaufnahmen würden es belegen: die Umwelt erholt sich, erhält dadurch eine Verschnaufpause, der Himmel über China zeige keinen Smog mehr, die Luft über den Industriestaaten werde wesentlich reiner, die CO2 Belastung nehme ab, die Abhängigkeit der restlichen Welt vom chinesischen Markt im Allgemeinen und vom Antibiotikaerzeugungsmonopol der chinesischen Pharmaindustrie im Besonderen sei im Schwinden, in den notgedrungen verkehrsberuhigten adriatischen Häfen würden sich Delphine tummeln, die Kanäle in Venedig würden sich von ihrer Verschmutzung erholen und seien stellenweise sogar wieder mit Fischen besiedelt. Ja, so werden die Vorteile der derzeitigen Situation verteidigt. Ein Notenbankchef findet es in einer offiziellen Stellungnahme angebracht, die Reinigungskraft der zu erwartenden Rezession zu loben, und freut sich darauf, dass wirtschaftlich bedrängte und dadurch in ihrer Lebensfähigkeit bedrohte Betriebe, solchem Reinigungsprozess zum Opfer fallen werden. Da sind auch keine korrigierenden oder zurückweisenden Worte des Präsidenten oder des Kontrollrates der Notenbank zu vernehmen. Entgegen aller sonstigen Lippenbekenntnisse scheint den Protagonisten solcher Ansichten das in Stunden und Tagen erzeugte Heer von Arbeitslosen jedenfalls doch mehr oder weniger egal zu sein. Der Bezug auf überholte ökonomische Theorien des Altvaters Schumpeter vermag diese brandgefährliche Geschmacklosigkeit eines Notenbankchefs nicht abzumildern. Mit den Verweisen auf wissenschaftliches Urgestein wird derzeit überhaupt international Schindluder getrieben. Die Regierungschefs Englands, Hollands und Schwedens gefallen sich vorzüglich darin, mit dem Begriff der "Herdenimmunisierung" die Bevölkerung zu zwingen, eigenes Leben in hunderttausendfacher Weise auf's Spiel zu setzen. So schützen Regierungschefs ihre Bevölkerung, indem sie diese in erheblichen Teilen der Selbstvernichtung aussetzen. Schließlich infizierte sich auch der britische Regierungschef, sein Gesundheitsminister, der Thronfolger etc. etc. In Italien starben am Virus 1000 Menschen an einem Tag. Italien hatte bereits 93.000 Infizierte und 11.000 Todesfälle zu beklagen. Deutschland verzeichnete 58.000 Infizierte. In Spanien fanden am Frauentag Massenkundgebungen statt, obwohl sich das Virus schon weltweit verbreitet hatte. Selbst als sich die Frau des Ministerpräsidenten infizierte, waren die Schutzmaßnahmen immer noch nicht durchgesetzt und das Problembewusstsein noch unterentwickelt. Während die USA  bereits 120.000 mit dem Virus Infizierte und 2000 Todesfälle verzeichneten, setzte Trump zwar Gesetze aus Kriegszeiten in Kraft und mobilisierte die Streitkräfte, der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo musste mit dem Präsidenten jedoch darum streiten, dass die 80 Jährigen nicht dem Virus überlassen und preisgegeben werden. Laut dem Gouverneur benötigte New York 30.000 Beatmungsgeräte, Trump erwiderte, dass er das nicht glaube. Er setze nicht auf Meinungen, sondern auf Fakten und Wissenschaft. Es ging dem amerikanischen Präsidenten in erster Linie um den Schutz der Wirtschaft und nicht der Menschen. Er ließ "seine" New Yorker allein und im Stich, als alle 17 Minuten einer von ihnen am Coronavirus starb. Gleichzeitig spielte er mit dem Gedanken, die Stadt, die niemals schläft, unter Quarantäne zu stellen. Unberechenbarkeit und Wankelmut waren genau das, was diese Nation nun am wenigsten brauchte. Einmal mehr erwies sich auch, wir haben es ja schon des Öfteren in der Diskussion um den Einsatz der Atomenergie erlebt, der Rat von wissenschaftlichen Fachleuten als selbstverliebt, selbstüberschätzt und obendrein falsch. Es zeigte sich eben einmal mehr, dass Mediziner, Biochemiker, Genetiker, Molekularbiologen, Pharmakologen und Epidemiologen enorm viel über Alles, aber herzlich wenig über Etwas wissen, nämlich, und hier wiederhole ich mich bewusst, warum leblose Nukleinsäure sich parasitenartig in menschliche Zellen ruinös einnistet und die Organfunktion ungehindert beeinträchtigt und zerstört. Wir schreiben immerhin das 21. Jahrhundert! Und wir steuern, ob wir wollen oder nicht, auf das hoffnungsvolle Motto zu: " Alles wird gut, aber nichts mehr, so wie es war ". Wird auf solche Weise auch die Weltwirtschaft an die Wand gefahren? Die Menschheit, so, wie wir sie zu kennen meinen, für die ausufernde Profitgier, ungebremstes Wachstum, den Vergeudungskapitalismus wie die Müllerstickung aller Meere und Landschaften, für den überbordenden Geschäfts-und Freizeittourismus in der Luft, zu Wasser und zu Land, und ein Ungleichgewicht in der Verteilung der Ressourcen zu schelten,  wäre nur eine gebetsmühlenartige Wiederholung, die auf eine allgemein längst abgestumpfte Wahrnehmung, und dadurch fehlende Akzeptanz trifft. Aber selbst in einer längst als lebensbedrohlich erkannten und eingestuften Ausnahmesituation, wie dieser, handeln verantwortliche Entscheidungsträger mehr als unverantwortlich. Bereits am 9. Februar 2020 war allgemein bekannt, dass die Zahl der Covit-19 Todesfälle bei weitem die Gesamtzahl der Todesfälle der SARS-Pandemie der Jahre 2002/2003 überstieg. Nichts desto trotz wurde auch hierzulande angesichts der unstillbaren, unaufhaltsamen Profitgier heimischer Tourismus- und Vergnügungsbetriebe, so wie mit der Politik "verbandelter"  Seilbahngesellschafter, Hoteliers und Barbesitzer, die unermüdlich als Klientel von Landespolitikern bedingungslos verteidigt und in Schutz genommen werden, auf die Gesundheit von Gästen keine Rücksicht genommen. Als schon die Quarantäne über ganze Gemeinen verhängt war, wurden ungetestete und bereits infizierte Gäste einfach abrupt und ohne fremdsprachliche Erklärung, so wie ohne Rücksicht auf deren Rückflugmöglichkeit, von einer Minute auf die andere, in ferne Länder verabschiedet, oder kurzerhand in eine andere Ortschaft verfrachtet, wo sie entweder in anderen Hotels auf deren verschiedene Abflugtermine warten-, oder wieder ungehindert ihr Urlaubsvergnügen fortsetzen-, und im Zuge dessen zahllose Personen weiter infizieren konnten. Sogar von der Polizei wurden sie dabei, den Dienstanweisungen völlig zuwiderhandelnd, von einem Hotel zum anderen verfrachtet und eskortiert. Die Anderen haben inzwischen das Virus in ihre Heimatländer, wie Island oder Norwegen eingeschleppt, die ihrerseits folgerichtig und pflichtgemäß vor unserem Wintersportland Tirol als einem der international führenden Infektionshotspots in allen Medien warnten. Nicht die beste Werbung für die Behandlung gesundheitlich schutzbefohlener Gäste. Bis man die Flucht nach vorne antrat, und das Land Tirol, als es in diesem Bundesland schon 800  Infizierte gab, die Staatsanwaltschaft einschaltete: die Gemeinde Ischgl soll von einem deutschen Medium darüber nachweislich informiert worden sein, dass es Ende Februar in einem Betrieb einen Coronavirus-Fall gegeben habe, dieser aber nicht dem Gesundheitsministerium gemeldet worden sei. Die Mitarbeiterin soll lediglich nach Hause geschickt worden sein. Wo man sich vor politischer Verantwortung drücken wollte, war man rasch mittels einer praktischen Argumentationsumkehr mit der Forderung nach Eigenverantwortung der Gäste zur Hand, so lange, bis man sich schon so tief in Lügen und Schutzbehauptungen verstrickt hatte, dass nichts mehr überblieb, als sinnloses Stammeln und das Wiederholen von peinlichem, selbstberuhigendem Eigenlob, ähnlich einer katatonischen Echolalie, in allem und jedem politisch  rechtzeitig und völlig richtig gehandelt zu haben. Kein Wunder, dass ein steirischer Politiker selbst sogar an rauschhaften, apokalyptischen, endzeitlich anmutenden Coronapartys, trotz Ausgeh- und Versammlungsverbot, teilnahm. Kein Wunder, dass Politiker gleichzeitig wegen unterbliebener oder zu später Testung von Infizierten, vergessener Testung, unterlassener Behandlung und Betreuung bereits gemeldeter Kontaktpersonen, aber auch wegen notorischen Mangels an Schutzausrüstung, immer und überall prompte Ausreden parat hatten. Das Testmaterial fehle, die Schutzkleidung fehle, es sei kein Nachschub in Aussicht, das Personal für die Ausforschung und Verständigung von Kontaktpersonen fehle, es werde nun einmal von Bundesland zu Bundesland in unterschiedlicher Häufigkeit, und unter unterschiedlichen Voraussetzungen getestet, es gebe kein Wettrennen im Testen, man müsse, wenn überhaupt getestet wird, eben drei bis fünf Tage auf das Ergebnis warten. Inzwischen bleibe es jedem überlassen, freiwillig in Quarantäne zu gehen oder nicht. Man werde ab nun sicher häufiger testen, und die Testkapazitäten künftighin massiv ausbauen, da sich jetzt schon bei jedem 6. ein positives Testergebnis herausstelle. Im übrigen läge nach all' dem das Problem ohnehin in den Dunkelziffern. Selbst mit der Zahl der Todesfälle ging man äußerst sorglos um. Während auf der Homepage des Gesundheitsministeriums neun Corona-Todesfälle angeführt wurden, war gleichzeitig in den Landessanitätsdirektionen von damals schon 16 Corona-Todesfällen die Rede. Kurzerhand wurde die Zahl der Toten vom Gesundheitsministerium eben auf 16 bereinigt, dann in der Woche darauf auf 75 Tote und 8500 Infizierte in Österreich und so weiter und so fort.  Man werde, was denn sonst, die Testkapazitäten in den kommenden Wochen auf 15.000 pro Tag ausbauen müssen. In Wirklichkeit ging die Zahl der in Österreich durchgeführten Tests in der darauf folgenden Woche zurück, die Testungen wurden weniger obwohl die Zahl der Infizierten weiter anstieg. Die Zahl der Tests von 4.962 am Beginn der Woche sank kontinuierlich auf 3.198 am Ende der Woche. Gar nicht zu reden jedoch von der auch ansteckenden Kettenreaktion unterbliebenen Pflichtbewusstseins. Niedergelassene Ärzte schlossen reihenweise ihre zur gesundheitlichen Versorgung lebensnotwendigen Praxen. Ganze Abteilungen von Spitälern und Pflegeheimen, wurden geschlossen. Ganze Krankenhäuser unter Quarantäne gestellt.  Dringend benötigtes Ärzte- und Pflegepersonal nach Hause in Quarantäne geschickt, aber wohlgemerkt, erst nachdem sie eine Reihe von Patienten und Kollegen angesteckt hatten. Obschon die Epidemie, und deren Übergreifen von China auf Europa, längst jedem bekannt war und bekannt sein musste, wurden davon unbeirrt mehrere Ärztekongresse in gefährdeten Gebieten von führenden Klinikchefs und Universitätsprofessoren abgehalten. Auch sie redeten sich darauf aus, sie könnten niemandem etwas vorschreiben, und es hätten ja auch die klinischen Dienststellen niemanden zurückbeordert. Das wahre Pflichtbewusstsein zeigte sich dann schlussendlich klar und deutlich, als zahlreiche Ärzte auch nach vorzeitigem Abbruch des Ärztekongresses noch weiter den dortigen Aufenthalt verlängert, und unbeeindruckt wie unbeirrt, den angebotenen mehrtägigen Skikurs mit Wintervergnügen angehängt, sich dabei reihenweise infiziert, und nachfolgend Patienten und Ärztekollegen weiterinfiziert haben. Auch hat sich etliches Pflegepersonal nicht entgehen lassen, beim ohnehin abgesagten Karneval in Venedig doch noch vorbeizuschauen, oder im verseuchten Mailand shoppen zu gehen. Relativ frühzeitig eingeleitete Maßnahmen der Bundesregierung haben die Voraussetzung geschaffen, Ärgstes zu verhindern. Ein unzögerlich entschlossenes Hilfspaket zur Bewahrung der Menschen vor den Folgen schlagartig eingetretener Massenarbeitslosigkeit und des erzwungenen Totalausfalls von Einnahmen und Erträgen sollte Allen, wirklich Allen helfen und zu Gute kommen. Niemand dürfe dabei auf der Strecke bleiben. Der Staat müsse durch Stundungen, Kreditgarantien, Soforthilfen, als flexibel handelnder Partner dem Bürger entgegenkommen und behilflich sein. An Stelle machtvoller Staatsgewalt solle der helfende Staat treten. So lautete dementsprechend auch die rechtspolitische Argumentation der zügig durchführten, einstimmigen Beschlussfassung dieser einschneidendsten Maßnahmen in National- und Bundesrat, und deren unverzügliche Promulgation. Dennoch schienen das nicht alle Politiker und Beamten wirklich begriffen zu haben und umsetzen zu wollen. Die sowohl für Bildungs- als auch für Gesundheitspolitik zuständige steiermärkische Landesrätin gefiel sich darin, just im Augenblick explodierend ansteigender Infizierten- und Arbeitslosenzahlen in eben ihrem Bundesland, in geschmackloser Weise, öffentlich die Eltern aufzufordern, ihre finanziellen Beiträge für die elementarpädagogische und pädagogische Betreuung ihrer Kinder pünktlich zu entrichten, und jedenfalls nicht darauf zu vergessen, das pünktlich einzuzahlen. Die Schließungstage würden ja später irgendwann wieder vom Land rückerstattet werden. Wie hätte das die Bevölkerung aufnehmen sollen?  Dass so Hilfen, Stundungen, Aussetzungen,  Förderungen, steuerfreie Zuschüsse ohne Rückzahlung, Zuwendungen und Zeichen des Entgegenkommens ausschauen? Die ohnehin von der erzwungenen Abschottungssituation und damit verursachten Arbeitslosigkeit gepeinigten Menschen wurden ganz im Gegenteil mit unnötig vorsorglichen Zahlungserinnerungen und Zahlungsaufforderungen unverschämt urgiert und bedrängt. An Stelle von Erleichterungen wurde unnötiger, zusätzlicher Verwaltungsaufwand, mit den damit verbundenen Mehrkosten provoziert, und wurden Leute vor den Kopf gestoßen. Mehr als eine halbe Million Menschen ist in Österreich arbeitslos. Ein Rekordniveau. Die Kurzarbeitsmodelle wurden in einer Husch- Pfuschaktion unausgereift der Industrie angeboten. Beim Härtefonds verhielt es sich nicht anders. Viele Antragsteller mussten gleich erkennen, dass sie davon gar nicht umfasst sind, alleine gelassen werden, und notgedrungen einer ausweglosen Verzweiflungssituation  entgegenschlittern. Sie wurden mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nicht zu den Berechtigten gehören, nichts bekommen, obwohl sie mit ihrem Unternehmen in Folge der zwangsweise angeordneten Maßnahmen nichts verdienen. Wer neben der Selbständigkeit irgendeinen Zweitberuf hat, dort versichert ist, selbst wenn er auch dort nichts verdient, bekommt nichts. Wer wenig verdient oder Verluste gemacht hat, bekommt nichts. Wer zu viel verdient hat, bekommt auch nichts. Unternehmer, die ihre Firma erst heuer gegründet haben, bekommen nichts. Freie Dienstnehmer ohne Gewerbeschein bekommen nichts. Private Vermieter bekommen nichts, obwohl sie, als Konsequenz der Aufhebung der Erwerbsfreiheit von Mietern, keine Miete oder Betriebskosten erhalten, die sie selbst aber zu leisten haben, und damit in die Insolvenz getrieben werden. Das alles hat die dafür gar nicht zuständige Bundeswirtschaftskammer zu vertreten, welcher von der Bundesregierung die Abwicklung übertragen wurde. Zusätzliche Verwaltungskapazitäten mussten da erst aufgebaut werden, die in Teilen der Bundesverwaltung ohnehin vorhanden gewesen-, und die noch dazu automatisch dazu berechtigt wären, über alle Daten zu verfügen. So hatte ein Striptease seiner Daten vor dieser Körperschaft von jedem Antragsteller zu erfolgen, welcher von Haus aus gar keine Kompetenz darüber zukam. Die EU glänzte mit Durchhalteparolen und leeren Worten, und sekkierte Teile der Bevölkerung gerade im unpassendsten Moment gemeinsam mit dem statistischen Zentralamt mittels vielseitiger Fragebögen, die unter Androhung von Verwaltungsstrafen zwingend auszufüllen waren, und zu deren Ausfüllungsanleitung wiederum vielseitige, teure Hochglanzdruckbroschüren beigegeben wurden. Und das zum Zeitpunkt von Schließungen und strikten Ausgangsbeschränkungen. Auf solche Weise wollte man also "Alle" erreichen und wirklich dafür sorgen, dass "Niemand" zurückbleiben-, keiner auf der Strecke bleiben müsse. Zumal dieses Unterfangen solche Formen annahm, mussten doch einige Zweifel daran aufkommen.

Dabei hat es schon vor fünfzig Jahren vorsorglich vorausschauende Reformen und Bestrebungen gegeben, die ich als deren Initiator und Protagonist persönlich bezeugen kann. Ich hatte damals, als rechte Hand von Bruno Kreisky, die Einführung eines Zivildienstes, als alternativ zum militärischen Präsenzdienst verpflichtende Leistung junger Staatsbürger, vorgeschlagen. Trotzdem der Nationalratsabgeordnete Ermacora dieses Ideenkonzept als Vorschubleistung für Drückebergertum verwarf, kein Ministerium sich dieser Materie annehmen wollte, weswegen sie nach der verfassungsmäßigen Generalklausel auch ins Innenministerium wandern hätte müssen, wurde ich von Kreisky mit der Formulierung und Ausarbeitung eines Zivildienst-Gesetzesentwurfs und der entsprechenden Erläuternden Bemerkungen beauftragt. Gleichzeitig erarbeitete ich mit General Spanocchi das schon in meiner Eigenschaft als gesamtösterreichischer, parteiloser Referent der Körperschaft öffentlichen Rechts,  Österreichische Hochschülerschaft, aus deren Reihen ja sowohl die Präsenzdiener als auch die künftigen Zivildiener hervorgingen, das Konzept der umfassenden, also geistigen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen, ambientalen und militärischen Landesverteidigung. Da Spanocchi und mir glasklar war, dass es laufend Veränderungen im präsumtiven Feindbild gebe, nämlich nicht nur im engen Sinne der militärischen Landesverteidigung, den sich ändernden Paktverhältnissen, den sich wandelnden Anforderungen an die Neutralität und deren besondere Aufgabenbedeutung, sondern vielmehr in der geopolitischen Abhängigkeit von Rohstoffressourcen, Energiequellen, deren Beförderung, Weiterleitung, Lagerung und Bevorratung, völlig neue nationale, bilaterale und multilaterale Aufgaben zum Schutz der Umwelt in Österreich, hier insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Atomstrahlung, Folgen von regionalen- und globalen Klimaveränderungen, grenzüberschreitende regionale oder gar internationale Gesundheitsbeeinträchtigungen, etwa durch Seuchen oder epidemische Infektionskrankheiten.  Es war unser zentrales Thema, dass durch dieses Konzept einer umfassenden Landesverteidigung und eines Zivildienstes, nicht nur der Schutz des Staatsgebietes und seiner Bevölkerung im Allgemeinen, sondern die Abwehr von Seuchengefahren und Epidemien im Besonderen mindestens eine solche Bedeutung haben müsse, wie herkömmlicher Katastrophenschutz etwa bei Überflutungen. Wir fanden nicht viel Gehör. Ich hatte aber Kreiskys Gehör und seine konsequente Unterstützung, all' die acht Jahre bei und mit ihm. Spanocchi war ein systematisch denkender und planender Geist, und hatte eine vornehm menschliche Art zu kooperieren. Heinz Fischer, der damalige SPÖ Klubsekretär, war froh, dass man ihm Arbeit abnimmt, seine diesbezüglichen Briefe liegen heute noch vor mir. Dann gab es einen Beamten im Innenministerium, späteres Mitglied des Verfassungsgerichtshofs, Peter Fessler, den ich ab und an kontaktierte, und dann war da mein eigener Vater, der damals als Chef über die österreichische Erdölwirtschaft im Handelsministerium eine Fülle von Erfahrungen über Ressourcen, Transport und Bevorratung von Energierohstoffen hatte, und mich tatkräftig mit Rat unterstützte. Im Ergebnis wurde mein Zivildienstgesetzes vom Nationalrat beschlossen und erwuchs nicht nur in Gesetzeskraft, sondern entwickelte sich im Laufe dieses halben Jahrhunderts zu einem unabdingbaren, existenznotwendigen Bestandteil der Republik Österreich. Gerade in diesen Tagen erleben wir, wie tausende, dringend benötigter Pflegehilfen und Ersatzkräfte für ausfallende 24-Stunden Pflegehelfer aus Rumänien, Ungarn, der Slowakei und Tschechien, durch freiwillige Meldung, die Bewältigung dieses Notstandes ermöglichen und retten. Während die Bundesrepublik Deutschland Lastwägen beladen mit von Österreich bestellter und bereits bezahlter Schutzkleidung festhielt, beschlagnahmte und nicht ausfolgen ließ, während mehrere Oststaaten die in Österreich beschäftigten Pfleger nicht mehr einreisen ließ, war Österreich eben durch den ordentlichen und außerordentlichen Zivildienst und die  Zivildiener zumindest autarker, gerüsteter. Präsenzdiener und militärische Spezialisten in Logistikfragen halfen den Lebensmittelketten bei der Bereitstellung, Lagerhaltung und Regalbestückung gerade in den Zeiten enormen Kaufandrangs in Folge der Ausgangsbeschränkungen, Betriebsschließungen und der Stilllegung der gesamten Gastronomie.

Das traurigste Kapitel in dieser Zeit, ist jedoch die Tatsache, dass all' meine sonstigen vorsorglichen und vorausschauenden Maßnahmen, die Kreisky damals mit aller Kraft unterstützte, im Laufe der Zeit, nicht nur von seiner eigenen politischen Bewegung, vernachlässigt und ruiniert wurden. Heute würden wir sie wie einen Bissen Brot brauchen.

Kreisky räumte mit der Sorge der ÖVP Alleinregierung auf, mit Schutzeinsätzen des Bundesheeres etwa im östlichen Niederösterreich nicht die Sowjetunion provozieren zu sollen. Kreisky prophezeite, dass es in absehbarer Zeit zum Zerfall des Warschauer Paktes kommen könne, und dass auch im paktfreien Jugoslawien es, nach dem Tod Titos, zu einem noch nie dagewesenen bestialischen Bürgerkrieg kommen werde, mit eventuell nicht unproblematischen Auswirkungen auf das Nachbarland Österreich. Für Kreisky war Krisenvorsorge also eine konsequente Folge und ein unverzichtbares Anliegen. Er beriet sich oft bis tief in die Nacht mit mir, und ließ mir Konzepte zur Umsetzung ausarbeiten. In behutsamen Vorgesprächen mit allen Parteien und Interessensvertretungen verhalf er zur notwendigen Akzeptanz und machte die Krisenvorsorge in der Demokratie "hoffähig" und daher mehrheitsfähig. Heute ist davon kaum mehr etwas übergeblieben. 1975 wurde zwar der heute noch gültige Artikel 9a der Österreichischen Bundesverfassung als "Umfassende Landesverteidigung" einverleibt. Ihm folgte sowohl der Landesverteidigungsplan als auch der Zivilschutz, dessen Verwirklichung sowohl Bundessache als auch Angelegenheit der Länder war und ist. Dazu gehört etwa der verpflichtende Einbau von Schutzräumen in Neubauten, Verpflichtung zur Errichtung von Lebensmittellagern für die längerfristige Versorgung der Bevölkerung im Krisenfall, sowie die Errichtung und jeweilige Befüllung von Rohstofflagern wie Öl, Gas, Kohle und Bevorratung von Energie, wie Strom. Es war innerhalb des Heeres für Gesundheitseinrichtungen zu sorgen, die im Bedarfsfall auch bei Epidemien und in Notsituationen der medizinischen Versorgung heranzuziehen wären. Später hätte das auch unter Beiziehung und Mitwirkung der Waffengattung ABC bei Umweltkatastrophen, Seuchen und Naturkatastrophen mit kurzer Vorwarnzeit, zur Personen- und Objektdekontamination, der Entgiftung, dem Aufspüren gefährlicher Stoffe, der Trinkwasseraufbereitung und Wasserversorgung erfolgen sollen.

Die von Kreisky beschirmte, nun tatsächlich  gesetzgewordene Idee der umfassenden Landesverteidigung ließ er, als Schuldenmacher beschimpft,  mit Mitteln budgetieren und ausstatten, von denen man heute, im Verhältnis, nur träumen kann. Die von uns ins Gesetz eingegossenen rechtspolitischen Zielvorstellungen mussten, und darauf legte Kreisky besonderen Wert, verpflichtend in höheren Schulen und Universitäten vermittelt werden.

In konsequenter Verfolgung der Sicherungsnotwendigkeit des gesundheitlichen Sanitätsdienstes eben auch durch das Bundesheer als "strategischer Handlungsreserve", wurden die Bettenstationen der Heeresspitäler, auch mobile Fertigteil-Modulspitäler mit mobilen Bettenstationen autarker Versorgung und Isolationsmöglichkeit Infizierter und Kontaminierter, so wie mehrere Sanitätsregimenter, die zu effizienten Heeresteilen unter Einbeziehung abgerüsteter soldatischer Ärzte des Milizstandes und qualifizierten Pflegepersonals zusammengeschlossen wurden, bevorratet. Wie dringend würden wir das jetzt während dieser verheerenden Pandemie benötigen.

Von der nachfolgenden Politik außer Acht gelassene, verschlampte, zerschlagene, ruinierte, voll ausgestattete Voraussetzungen, die wir jetzt brauchen würden, weil jetzt, eben jetzt der Ernstfall eingetreten-,  die pandemische Bedrohung voll schlagend geworden ist.

Ich höre noch das dumme politische Geschwätz im Ohr klingen: "Wie lange soll man denn noch den Ernstfall üben, sind doch eh alle gesund, nur diejenigen sind krank im Kopf, die sich vor nicht existenten Bedrohungen fürchten." Auch der Rechnungshof als Organ des Parlaments stieß fleißig in dieses Horn. Wofür sollte man bevorraten und mit sinnlosen Ausgaben aus dem ohnehin schon knappen Staatshaushalt Szenarien finanzieren, die Jahr und Tag nicht eintreten. Auch der Rechnungshof hatte kein Verständnis und keine Geduld mehr für solches Vorsorgedenken und solche Krisenbeständigkeit. Nun schien ausnahmslos allen schlüssig zu sein, es hätte ja offensichtlich auch niemand etwas dagegen einzuwenden, dass es sinnlos sei Steuermittel für Reserven einzusetzen, die offensichtlich nicht benötigt würden, und die keiner brauche. Die Heeresspitäler in ihrer damaligen Form, mit von Fachärzten betreuten Fachabteilungen- und entsprechend darauf ausgelegten Bettenstationen wurden zugesperrt. Das in ganz Europa als vorbildlich geltende umfassende militärisch-zivile Sanitätssystem wurde verabschiedet und demontiert. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die Militärärzte ein gerüttelt Maß an Schuld daran selbst trugen. Von Profitgier getrieben betrieb mehr als ein Drittel der Militärärzte trotz ihrer Volldienstverpflichtung in höchsten Dienstgraden und Gehaltsstufen gleichzeitig und zusätzlich dazu eine gut gehende Kassenordination. Der Leiter des Heeresspitals war obendrein als Präsident der Ärztekammer stets "&uu