Das schwarze Hotel

von Michael Arenz, Hansgert Lambers
Rezension von Hans Bäck

expose-verlag.de ISBN 978-3-925935-82-4

 

Poeme (von Michael Arenz) und Fotografien (von Hansgert Lambers)

 

In Zeiten von Corona werden viele aufgeschobene Aufgaben oder Vorhaben hervorgeholt.

Sie liegen dann am Schreibtisch. Sei es nun ein Buch, das noch zu lesen wäre (eher selten) oder eine Rezension, die versprochen wurde (bereits häufiger), ein eigener Text, der zu bearbeiten wäre (sehr oft und dringend), oder auch ein Gedanke, dem nachzugehen wäre. Das kann dann ein Blick aus dem Fenster sein, wo ein kahler Ast darauf wartet, dass sich eine Amsel darauf niederlässt. Es sind aber auch solche Gedanken und Ideen, die beim Anhören von schöner und guter Musik entstehen. Wobei natürlich das Dilemma bereits beginnt: Was ist nun gute und schöne Musik? Für jeden etwas anderes, ganz klar. Für mich eingeschränkt aber keinesfalls reduziert. “Mein“ Musikbogen reicht von ganz früh (so um 1300 herum) bis ganz nah an die Gegenwart heran. Doch ist das nur ein Einwurf in diesem Text gewesen, da mich das Entstehen von Gedanken dazu verführt hat und ich, während diese Zeilen entstehen, nebenbei (darf man das?) Musik höre, und zwar schmachtet ein Tenor in schönstem Italienisch von der Liebe. So, und unter diesen Begleitumständen, soll nun eine Rezension entstehen. Noch dazu zu dem neuen gemeinsamen Werk von Michael Arenz und Hansgert Lambers. Die Poeme, Gedichte, Erzählungen von Michael Arenz verfolge ich schon lange, da er ein regelmäßig im „Reibeisen“ veröffentlichender Autor ist. Eine treue Seele sozusagen. Und da ich bereits einige Bücher der beiden kongenialen Partner Arenz und Lambers vorliegen habe, ist mir auch der Fotograf kein Unbekannter mehr.

Doch immer wieder ist es neu, mit den Beiden auf Entdeckungsreise zu gehen. Wenn Arenz davon schreibt, dass „Gemütlichkeit im Wandel der Zeiten“ (Seite 17) darin besteht, dass einer noch seine Stammkneipe aufsuchen kann, sein „Bier in Gesellschaft zu trinken, ohne dieser Gesellschaft angehören zu müssen“ so bekommt der Corona-geplagte im Homeoffice sitzende Autor ein wenig Heimweh nach dieser Gemütlichkeit. Auch wenn das geschilderte Bild alles andere als gemütlich ist. Doch das ist der Grundton der sich durchzieht: Sowohl die Fotos als auch die Texte, sind Zeichen einer kaputtgehenden Welt. Nein, Hoffnung, Zuversicht, da muss man lange suchen und sorgfältig blättern! Womöglich hält der Autor das Poem auf Seite 39 „Gerettet“ für einen solcher seltenen Hoffnungsschimmer: „… aber nicht im entferntesten begreifen konnte.“ Seite 49 „Guten Tag“ zeigt den Autor als genauen Beobachter und Hundeversteher, aber der Begegnende „hebt den Arm zum Gruß, nie ohne ein Lächeln“.

Aber, „wir werden kein Gespräch mehr beginnen, unsere Worte sind schon lange fort“ dann folgt eine Reihe von Fotos, die eine absurde Schönheit zeigen könnten, wenn man darauf erpicht ist, solche auch im Verfall zu sehen. Dann folgt wieder auf Seite 80 ein Text „in dem es sich niemand leisten kann, mit einem freundlichen Gesichtsausdruck erwischt zu werden“ und nüchtern wird uns mitgeteilt, dass „Nachts sind die Friedhöfe geschlossen…“ (Seite 93). Den „Tiefpunkt“ der menschlichen Psyche und damit einen Höhepunkt der poetischen Inhalte dieses grandiosen Buches finde ich dann auf Seite 119 „Antoine et Arlette“ diesem Poem ist nichts mehr hinzuzufügen!

Noch etwas zum Fotografen, zu den Fotos. Stadtlandschaften, Straßenfotografien, unglaubliche Brandmauern oder unbebaute Grundstücke, bei denen der Betrachter sich fragt: „Vor wie vielen Jahrzehnten das aufgenommen sei.“ Lambers nennt manche seiner Arbeiten bezeichnend „Seitenblicksfotografien“ wobei man dabei sichergehen kann, dass dies nichts mit der unerträglichen Fernsehsendung diesen Namens zu tun hat. Ich zitiere aus dem Nachwort von Axel Sommer (Seite 130): „ein Konzept der Konzeptlosigkeit, ein Konzept des Absichtslosen“ verfolgt. Oder, prägnant formuliert: „einen Blick ohne Umwege zum Bild werden lassen.“

Lieferbar ist das Werk über die beiden Autoren oder über den Fotoverlag von Hansgert Lambers www.expose-verlag.de ISBN 978-3-925935-82-4

 

Hans Bäck




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