Rezensionen und Lesetipps

An dieser Stelle weisen wir Sie auf Bücher hin, die auf verschiedensten Wegen zu uns gefunden haben.

Vielleicht können wir mit unseren Besprechungen Ihr Interesse wecken, sie ebenfalls zu lesen.


Rezensionen eingrenzen




ACHTUNG Staatsgrenze

von Rüdiger Mendel
Rezension von Reinhard Lackinger

Buchtipp aus Bahia - Brasilien

Wichtiger Buchtipp für meine inlandsösterreichischen Landsleute und Ausländer, die gute deutschsprachige Bücher mögen, lesen und verschenken wollen.

 

"ACHTUNG Staatsgrenze"

Erhältlich bei Leykam.

Rüdiger Mendel erzählt in zwei wunderbaren Büchern von seinen Erfahrungen als etwas älterer Wandersbursche entlang der Österreichischen Staatsgrenze zu Slowenien, Ungarn und der Slowakei.

Die Texte sind leicht zu lesen, die Sprache klar, deutlich und unmissverständlich!

Ein humorvolles und tiefgründiges Portrait österreichischer Haltung gegenüber seiner eigenen Vergangenheit, dem Fortschritt und der Gegenwart der "Grenzlandbürger", der Nachbarn, der "Krowotn" und anderen Minderheiten.

Ich habe die beiden Büchel mit Genuss gelesen.

 

Ein interessantes und vor allem nicht zu teures Weihnachtsgeschenk! HoHoHo

abraço

Reinhard Lackinger




Abendland

von Michael Köhlmeier
Rezension von Karl Forcher

Die dem Corona-Virus zu verdankende freie Zeit ermutigte mich, wieder einmal einen „Wälzer“ aus dem Bücherregal zu bergen. Meine Wahl fiel auf „Abendland“ von Michael Köhlmeier. Ich hatte das Buch 2015 auf einem Flohmarkt am Bahnhof Wien-Floridsdorf gefunden.

Der Roman mäandert durch das 20. Jahrhundert, Carl Jacob Candoris, von Köhlmeier mit Cs in Vor- und Familiennamen geadelt, durchlebt fast das gesamte, stirbt 2001. Die zweite große Hauptperson ist dessen Patenkind und Biograf Sebastian Lukasser, der Ich-Erzähler dieses Jahrhundert-Kosmos, in dem Köhlmeier geschickt die Wege seiner Figuren mit denen realer verknüpft und verwebt. So begleitet der junge Student Carl Candoris die Mathematikerin Emmy Noether nach Moskau, trifft sie kurz vor ihrem Tod 1934 nochmals in den USA.

Wie ein breiter Strom mäandert der Roman durch die Zeiten vor und zurück, blickt in die Leben von Carl und Sebastian, wendet sich Georg, Sebastians Vater, einem Gitarrengott, der mit den größten des Jazz spielt und doch nie sein Glück findet, zu, und viele andere Seitenarme öffnen den Blick auf ein Erleben, ein Leben, ein Schicksal.

Wenn es Ihre Zeit erlaubt, lassen Sie sich von diesem lateinamerikanischen Vorarlberger verführen ins Abendland des 20. Jahrhunderts.




Der Feind

von Erich Maria Remarque
Rezension von Karl Forcher

Im Westen nichts Neues, mit diesem Urbild aller Anti-Kriegsromane, wurde Erich Maria Remarque berühmt. Dem Verlag Kiepenheuer & Witsch  ist zu danken, dass in Zusammenarbeit mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrum in Osnabrück ein schmaler Band mit Erzählungen herausgegeben wurde, in dem Remarque in seiner unvergleichlichen Art die seelischen Verwüstungen durch den 1. Weltkrieg zur Sprache bringt.

Erzählungen, die den heroischen Floskeln der Kriegstreiber den Schweiß, den Schmerz, die Verwüstungen der einfachen Soldaten, aber auch der Frauen entgegenstellt. Diese Geschichten spielen großteils nicht im Krieg, im Trommelfeuer. Nein, danach, teilweise Jahre danach. Zeigen die eiternden Seelen,  noch immer verwundet durch die Erlebnisse im Schützengraben. Aber auch den Mut, die Ausdauer, das Weiter-machen der Überlebenden.

Es sind zehn Erzählungen, sieben davon schrieb Remarque für die Zeitschrift Colliers im US-Bundesstaat Ohio, wo sie ins Englische übersetzt erschienen. Remarques Original ist verschollen, diese Erzählungen wurden zurück ins Deutsche übersetzt. Zwei weitere Erzählungen stammen aus dem Nachlass, die zehnte wurde 1920 in einer deutschen Zeitschrift veröffentlicht.

Zehn Erzählungen auf knapp 100 Seiten, dazu ein Nachwort von Thomas F. Schneider, dem Leiter des Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrums.

Lesen Sie diese Erzählungen, es dauert nicht lange und immunisiert  auch ein Jahrhundert nach diesem Krieg und  90 Jahre nach dem Schreiben zuverlässig gegen jede Form der Kriegsbegeisterung.




Meine geheime Autobiographie

von Mark Twain
Rezension von Karl Forcher

Eine Autobiografie, die erst 100 Jahre nach dem Tod veröffentlicht werden darf – ein Größenwahn? Ein Test? Ein gutes Herz (oder ein zaghaftes, gar feiges?), das niemanden verletzten möchte? Interessiert es überhaupt noch? Kennt irgend jemand noch den Autor?

Nun, der Autor, Samuel Longhorne Clemens, ist unter seinem Alias MARK TWAIN vor allem dank Tom Sawyer und Huckleberry Finn noch immer ein Begriff. Und es lohnt sich, machen Sie sich auf den Weg durch das Dickicht des Twainschen Erzählkosmos. Diese Diktate, den Sam schrieb nicht selbst, er diktierte, verführen in ihrem Humor, in ihrer Weisheit, aber auch, ja, tatsächlich auch in der Trauer, die den Vater Sam Clemens ob des frühen Todes seiner Tochter Suzsanne ausfüllt, zum Mitlachen, Mitfühlen. Der Tochter Susy, deren kindliche Beschreibungen ihres berühmten Vaters er, sichtlich stolz, zitiert.

Es ist ein Schlendern, vorbei an Wichtigem und Nichtigem, egal, Sommertage ohne Zweckgebundenheit für die Seele.

 

Karl Forcher




Das Leben ist eine Herrlichkeit

von Rainer Maria Rilke. Gesammelte Werke
Rezension von Karl Forcher

….

daß Etwas draußen groß ist und ergrimmt,

daß draußen die Gewalt geht, eine Faust,

die jeden von den Kranken würgen würde

inmitten dieses Glanzes, dem sie glauben. -

….

diese heute gelesenen Zeilen des Gedichts „Fragmente aus verlorenen Tagen“, erinnerten mich an die derzeitige Ausnahmesituation. Und wurden doch vor über 110 Jahren veröffentlicht. (Das Buch der Bilder, 2. Buch)

 

Es waren die fliegenden Wale, die mich Anfang Dezember letzten Jahres beim Stöbern im Morawa Judenburg zu diesem Schatz führten. Ein hellblaues Buch mit dunklen Flecken, die sich als eine Armada durch den Himmel fliegender oder schwimmender Wale, ich meine, es sind Buckelwale, erwiesen, erweckte meine Aufmerksamkeit.

Ich griff danach. Rainer Maria Rilke. Gesammelte Werke unter dem Titel „Das Leben ist eine Herrlichkeit“.  Zum Preis von € 7,95. Ein Geschenk. An mich selbst.

 

Auf der Rückseite der Schluss des wohl berühmtesten Gedichts.

 

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille

sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,

geht durch der Glieder angespannte Stille -

und hört im Herzen auf zu sein.

 

Der Panther, wohl ein guter Bekannter.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

 

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.

Und breite mich aus und falle in mich hinein...

 

1000 Seiten zum Hineinfallen, immer noch zum sensationellen Preis erhältlich per Versand beim Buchhändler Ihres Vertrauens (ich habe nachgesehen!). Schlagen Sie zu, bestellen Sie. Auch Ihr lokaler Buchhändler ist über Internet, Telefon, Mail erreichbar, nicht nur Amazon....

 

Und noch ein Tipp: ähnliche Aufmachung, derselbe günstige Preis, nur Fliegen statt Wale.

Das sind, unter dem Titel „Wer hört ein Stäubchen lachen?“, die gesammelten Werke von Joachim Ringelnatz.

 

Karl Forcher, 29.03.2020





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